Vamanos!
Wir sind parat, parat für Ferien. Der nächste Roadtrip steht an. Ziel: der Norden Spaniens. Alle haben wir bereits am Freitag frei. Der Wecker weckt uns trotzdem zu gewohnter Zeit. 900 Kilometer liegen vor uns. Um acht Uhr sind unsere sieben Sachen im Auto verstaut und wir fahren los. Fast alles wird heute im Auto erledigt. Nur für den Fahrerwechsel und den WC-Besuch legen wir ein paar kurze Stopps ein. So kommen wir zügig vorwärts und sind bereits um sechs Uhr an unserem ersten Ziel etwas ausserhalb von Bordeaux. Hier unterbrechen wir die Fahrt für eine Nacht. Die Kids dürfen zu ihrer grossen Freude zum Austoben ins Hotel-Gym. Nach dem Sport fahren wir zu Papas grosser Freude zu Buffalo Grill. Damit ist auch schon fast alles Wissenswerte zu heute erzählt. Einzig zum Schluss noch dies: seit heute kennen wir die neue Klasseneinteilung von Anina ab der Oberstufe. Sie ist happy… und irgendwie doch durch den Wind.
Bilbao
Von Bordeaux ist es nicht mehr weit bis an die spanische Grenze. Alle im Auto jubeln, als wir mit 120 Sachen am Schild „Espagna“ vorbei düsen. Unser erstes Ziel heisst Bilbao. Bevor wir aber die Stadt erkunden, schauen wir uns etwas ausserhalb das erste Unesco Welterbe dieser Reise an: die Brücke Vizcaya. Wie ein Ufo fliegt die Schwebefähre von der einen Seite des Flusses auf die andere. Wir schauen uns das Ganze auch von oben an und laufen in 45 Meter Höhe über den Nervion. Der Clou des Konstruktes: alle Schiffe – egal wie hoch – können immer ohne Probleme unten durchfahren und es braucht keine Brückenauffahrten, für die es zum Baustart sowieso keinen Platz mehr gegeben hätte. Deshalb auch das aussergewöhnliche Konstrukt. Retour fahren wir wie alle auch mit der Fähre. Platz hat es immer für sechs Autos, ganz viele Fussgänger, einige Velos und Mofas. Kurz fühlen wir uns dann auch noch wie in Hongkong. Wir finden eine Rolltreppe, die mitten in der Stadt die Fussgänger bequem den Hügel hinauf befördert. Danach ist es Zeit für die ersten Tapas. Der nette Herr am Tresen spricht zum Glück Deutsch und erklärt uns genau, was in der Vitrine aufliegt. Wir probieren uns durch die interessantesten Kombos. Einigen schmeckt es besser als anderen 🙂 Schliesslich geht es weiter nach Bilbao. Wir fahren direkt zum Spot Nummer 1, dem Guggenheim Museum.
Die Konstruktion ist imposant. Wir laufen einmal rund herum und staunen auch ab den diversen sonst noch zu findenden Kunstwerken. Im Hotel gibt es schliesslich eine wohlverdiente Pause und ein Apero. Danach zieht es uns auch noch in die Altstadt. Den Rat im Lonely Planet befolgen wir: the best plan is to have no plan. Wir lassen uns deshalb wie gaaaaanz viele Einheimische einfach treiben. Flanieren und Aperöle scheint hier Volkssport Nummer 1 zu sein. Spätestens als ein ganzer Platz zu einer Guggenmusik beginnt zu tanzen, ist klar, dass hier alle ziemlich locker drauf sind. Da jede Beiz und jede Bar bis auf den letzten Platz gefüllt ist, landen wir schlussendlich für das Znacht im KFC. Ein Stilbruch, aber zum Glück haben wir schon am Mittag ein paar Tapas, die hier übrigens Pintxos heissen, abbekommen.
Altamira
Zu unseren Lieblingssehenswürdigkeiten gehören ja Höhlen. Also eigentlich nicht wirklich, aber heute steht aufgrund des Unesco Status wieder mal eine auf dem Programm. Diese geht zum guten Glück in die Kategorie rasch und sehr einfach zu besichtigen. Da Sonntag und damit alles gratis ist, empfiehlt es sich rechtzeitig dort zu sein. Wir timen genau richtig und kommen tout just vor dem vollen Car an. Entsprechend müssen wir nicht lange warten und stehen bald im Höhlen-Nachbau, wo unter anderem eine Herde Wisente an die Decke gezeichnet wurde. Da wir ähnliches auch schon im Original besichtigen durften, sind wir nicht übermässig beeindruckt.
Beeindruckt ist der Rest der Familie eher als ich ein kleines Mädchen, dass seinen Eltern davon gerannt ist, mit meinen vier Sätzen fliessend spanisch beruhige und wieder zurück zu seiner Mama bringe. Gleich nach der Höhle stossen wir auf ein hübsches Kaff mit einem netten Casco antiguo. Kurzerhand parkieren wir den Dacia und schlendern an der warmen Frühlingssonne durch die hübschen Gassen. Irgendwo an einer netten Ecke gibt es Caffe con Lecche und Pintxos. Schon am zweiten Tag unserer Spanienrundreise sind wir zu Pinxtos- resp. Tapas-Fans geworden. Was gibt es praktischeres: Man geht in eine Bar, wählt was einem ins Auge springt, stillt den Hunger und kurze Zeit später ist man wieder ready für alles weitere was noch kommt. Bei uns kommen heute noch zwei Stopps am Meer. Einmal hoch oben auf den windigen Klippen und einmal auf Meereshöhe am Strand zwischen den Klippen. Leider ist der Wind am Meer noch sehr kühl und an Baden ist nicht zu denken. In Llanes, einem kleinen und unscheinbaren Kaff am Meer, wartet das heutige Nachtlager auf uns. Während gestern gefühlt alle auf der Gasse waren, ist heute gefühlt niemand unterwegs. Irgendwo finden wir dann doch noch ein Bar, wo wir ein super feines Glas Wein und die Kids eine Oreo-Glace bekommen. Dessert als Vorspeise nennt sich das 🙂 Zum Znacht gibt es danach Dürüm. Der Laden läuft. Ein Zeichen, dass es schmeckt. Aber auch ein Zeichen, dass man heute heute wirklich sonst nirgendwo etwas zwischen die Zähne bekommt.
Orviedo
Unser Motto für diese Reise: jeden Tag ein Unesco Welterbe. Heute übernimmt diesen Part die Kathedrale von Orviedo. Praktischerweise sind das Museum und das Kloster gleich im Rundgang der Kathedrale integriert. Ansonsten wäre es eine Kathedrale wie viele.
Die Lieblingssehenswürdigkeit der Mädchen ist aber sowieso der Ale-Hop. Diese bis anhin nur in Spanien angetroffene Ladenkette, wo alles mögliche an Krimskrams erhältlich ist, zieht sie voll in den Bann. Wann immer einer auch nur annähernd in der Nähe ist, stehen wir früher oder später vor den Regalen. Und dies obwohl es eigentlich überall das Gleiche zu kaufen gibt… Es lebe das Ferien-Sackgeld 🙂 Orviedo ist sehr relaxt. Es hat eine grosse autofreie Fussgängerzone, wo man alles findet – ausser Tapas zum Zmittag. Trotz zahlreichen Blicken in jede Bar entdecken wir heute keine dieser Leckereien. Vielleicht suchen wir auch am falschen Ort. Egal, im Supermercato um die Ecke finden schliesslich alle etwas, das schmeckt. Auf den Hügeln bei Orviedo gibt es als Supplement noch zwei munzige Kirchlein, die auch zum Unesco Weltkulturerbe zählen. Da wir zur Siesta-Zeit hier sind, können wir diese aber nur von aussen besichtigen. Auch am Meer ist unser Timing schlecht. Die grossen, ausgehöhlten Felsenbögen, die sich los Catedrales nennen, sind wegen der Flut nicht erkennbar.
Am Abend gibt es Grill mit Unterhaltung. Die Hausmutter des Bed and Breakfast spricht ausschliesslich Spanisch und textet uns zu. Mit unseren leider bescheidenen Spanischkenntnissen können wir uns zusammen reimen, dass heute ihr Hund überfahren wurde. Sie ist sehr traurig und wir wohl die ersten, denen sie dazu ihr Leid klagen kann. Das reicht, um einen Platz in ihrem Herzen zu ergattern. Ab sofort stehen wir nämlich unter ihren Fittichen. Sie hilft uns beim Einfeuern, schaut, dass alles was es braucht da ist und verteidigt zum Schluss sogar noch unser Feuer vehement gegen die kanadischen Touristinnen aus dem Bungalow nebenan. Fun Fact: die Kanadierinnen scheinen noch nie mit Kohle gegrillt zu haben. Sie fragen jedenfalls ganz genau, was sie denn nun machen müssen, damit auch ihr Grillgut gelingt.
Melias 10ter Geburi
Heute lassen wir ruhig angehen. Melia feiert ihren 10ten Geburi und zur Feier des Tages gibt es schon zum Frühstück diverse Leckereien. Happy Birthday, unsere kleine, grosse Tochter! Wir haben dich mega fest lieb und sind sehr stolz auf dich! (Dito natürlich für Anina, die ihren 12ten Geburi vor zwei Wochen zu Hause bereits gefeiert hat!) Nach einer Stunde im Auto erreichen wir Lugo. Rund um die Altstadt führt eine römische Stadtmauer, die noch vollständig erhalten ist und – surprise suprise – Unesco Weltkulturerbe ist.
In der Morgensonne schlendern wir auf der Mauer um die Hälfte der Altstadt. Bei der Kathedrale verlassen wir das Bauwerk und schauen uns die Kathedrale an. Diese gehört neben ganz vielen anderen Sehenswürdigkeiten zum umfassenden Welterbe des Camino de Santiago, dem Pilgerwegnetz, welches nach Santiago de Compostela führt. Interessant sind vor allem die Schlangen vor den Beichtstühlen. Es scheint, als ob ganz viel Ablass notwendig ist. Die Altstadt sonst ist eher eine Enttäuschung. Dies vor allem weil es nicht viel mit einer Altstadt zu tun hat. Fast alles ist modern und neu und der noch alte Teil wird gerade neu gemacht. Da wir noch genug Zeit haben, machen wir auf der Weiterfahrt auch noch einen kurzen Abstecher zu einem Kloster unweit von Santiago. Dieses liegt ebenfalls auf dem Jakobsweg. Wir merken, dass wir die spanischen Siesta-Zeiten immer noch nicht im Griff haben. Dass es eine Siesta zwischen 13 und mindestens 16 Uhr gibt, will uns irgendwie nicht in den Kopf. Immerhin die Girls freut es, denn so bleibt ihnen der Besuch des spontan angesteuerten Klosters erspart :-). Nicht erspart bleibt uns ein aufklärendes, aber gutes Gespräch über Flüchtlinge. Am Eingangsportal des Klosters befindet sich nämlich sehr offensichtlich erkennbar eine Asylunterkunft. Derart direkt haben die Kids noch nie Flüchtende und ihre Unterkunft bewusst erlebt. In einem grünen Tal etwas ausserhalb von Santiago de Compostela beziehen wir schliesslich direkt am Camino für die nächsten drei Nächte eine Villa. Krasser könnte der Kontrast zur Flüchtlingsunterkunft kaum sein. Normalerweise erwarten wir ja nie eine Villa wenn „Villa“ steht. Aber dieses Mal ist es tatsächlich eine. 350 m² für uns ganz alleine. Zum Vergleich: unser Zuhause am Trachselweg in Bern hat knapp 100 m². Drei Schlafzimmer mit je einem Badezimmer plus ein zusätzliches viertes WC, eine riesige Küche (also eigentlich sind es zwei Küchen), ein Esszimmer, ein Voresszimmer, eine Lounge und ein erster Stock als Wohnzimmer mit nochmals einem Esstisch und einem Kamin gehört uns ganz alleine. Dazu ein Balkon und eine Terrasse und Umschwung. Wir sind überfordert! Die Hausführung per Video dauert über 3 Minuten. Alles ist im spartanischen 70iger Jahre Stil gehalten und könnte auch eine Konstruktion von Le Corbusier sein. Es ist ein bisschen too much und doch irgendwie mega cool. Hoffentlich finden wir bei der Abreise alle unsere Sachen wieder 🙂 Wir dekorieren Küche und Esszimmer Nummer 1 für Melias Geburifeier. Danach darf sie die restlichen Päckli auspacken. Zum anschliessenden Shopping fahren in eine riesige Mall. Das Wort „riesig“ wird nach dem Einkaufen relevant. Nini und ich finden das Auto nämlich nicht mehr und irren minutenlang orientieriungslos in der Garage herum. Was wir ohne Probleme in der Mall finden ist der spanische DM und der spanische Rosssmann. Die Shopping-Queens sind im Element. Und zur Freude von Odi gibt es für das Vorznacht sogar auch noch einen Taco Bell. Im Carrefour kaufen wir schliesslich alles weitere für die Geburiparty am Abend ein. Sogar Melias grosser Wunsch nach einer Pinjada können wir erfüllen. Mit einem Apero riche und einer Regenbogen-farbigen Geburitorte geht der Tag auf der Terrasse irgendwann zu Ende. Wir sind dankbar. Dankbar, dass wir uns haben, dankbar, was wir alles haben – einfach nur dankbar.
Herkules Turm
Für heute haben wir nicht viel geplant. Das einzige was wirklich auf dem Programm steht, ist der Besuch des Herkules Turms mit Unesco-Status in A Coruna. Das Wetter könnte nicht besser sein. Bei stahlblauem Himmel besichtigen wir das römische Bauwerk. Der Legende nach hat der griechische Herkules den Riesen Geryon hier enthauptet und über dessen Gebeine den Turm gebaut.
Nach dem Turm strecken wir ziemlich orientierungslos die Köpfe zusammen und suchen im Lonely Planet nach einem nächsten möglichen Programmpunkt. Wir beschliessen zum Kilometer 0 des Jakobsweg Nahe Finestra zu fahren. Vorher gibt es im Kaff selber Seafood für die Eltern und Pommes und Caprese für die Kids. Das Essen der Eltern ist mässig, das Essen der Kinder gut. Ob der Michelin-Kleber am Eingang wirklich echt ist? Die meisten Pilger beenden ihre Wanderung in Santiago de Compostela. Die ganz wilden wandern weiter bis zum Kap, wo der Stein mit dem Kilometer 0 den offiziellen Endpunkt des Weges markiert. Wir sind beeindruckt ab allen Wanderern, egal ob der Weg sie bis Santiago oder gar bis zum Kap geführt hat. Die vielen pilgerenden Menschen, die wir unterwegs – meist aus dem Auto notabene – gesehen haben, wirken irgendwie motivierend. Wer weiss, vielleicht legen wir ja auch mal ein paar Wandertage auf dem Jakobsweg ein… Leider haben wir die kurzen Hosen und auch das Badezeugs in der Villa vergessen.
Der Stopp an einem wunderschönen Sandstrand dauert deshalb nicht lange. Einige finden es viel zu heiß in den Jeans und wünschen sich die kurze Hosen herbei. Immerhin: Im Meer wäre wohl auch mit Badezeugs niemand gelandet. Das Wasser ist nur gerade 14 Grad warm… Zurück in der Villa machen alle wozu sie nach dem langen Tag gerade Lust haben. Nach dem Apero schlage ich entgegen den ursprünglichen Plänen vor, dass wir den schönen Abend doch in Santiago ausklingen lassen könnten. Und so verbringen wir die ersten Stunden in der schönen Altstadt. Wir fühlen uns in diesem geschichtsträchtigen Ort sofort wohl. Die Sonne und die Abendstimmung tragen das ihrige dazu bei. Das Resti suchen die Kinder aus – Asian Food. Praktischerweise gleich neben einem Ale-Hop…
Santiago de Compostela
In jeder spanischen Stadt scheint es genügend Parkhäuser zu geben. Wir finden deshalb auch heute Nahe der Altstadt easy einen freien Parkplatz. Dass diese zudem auch immer bezahlbar sind, ist eine weitere Überraschung. Interessanterweise ist die Menge an Verkehr trotzdem immer sehr überschaubar. Zum Glück wissen die Kids am Morgen noch nicht was sie heute erwartet. Sonst wären sie wohl nicht so fix aufgestanden 🙂 Wir werden nämlich rund sechs Stunden vor, auf, in und um die Kathedrale verbringen. Unser erstes Ziel ist das Portico de la Gloria. Obwohl es das eigentliche Eingangstor zur Kathedrale ist, dient es nicht mehr als Eingang und kann nur zum vorgebuchten Zeitpunkt besucht werden. Jede Gruppe bekommt 25 Minuten, um die vielen Figuren am Tor zu besichtigen. Tönt nach viel, ist es aber nicht unbedingt. Wir brauchen tatsächlich fast die ganze Zeit. Danach schauen wir uns das Museum inkl. anliegendes Kloster an. Das finden wir alle eher mässig spannend. Die ausgestellten Stücke sind für Laien wie uns doch in jeder Kathedrale immer wieder gleich und ähnlich. Vor dem nächsten gebuchten Programmpunkt lassen wir uns durch die autofreien Gassen der Altstadt zum lokalen Markt treiben. Wir verköstigen uns über die Gasse und landen irgendwann wieder vor der Kathedrale. Die Menge an Menschen auf dem Platz ändert sich ständig. Je nachdem wie viele Pilger ankommen ist der Platz unterschiedlich voll. Immer wieder ist lauter Jubel zu hören, wenn jemand – laut sind meistens die Gruppen – das Ziel erreicht hat. Die Stimmung ist einmalig und eindrücklich. Wieso pilgern eigentlich alle nach Santiago de Compostela? Nun, Santiago de Compostela ist der dritt wichtigste Wallfartsort der Katholiken – nach Jerusalem und Vatikan – und der Apostel Jakob ist hier begraben. Warum die Menschen überhaupt pilgern, ist eine individuelle und persönliche Sache und muss jeder für sich selber bestimmen. Der Höhepunkt des Tages folgt jetzt: wir gehen auf das Dach der Kathedrale. Die Tatsache auf dem Dach der Kathedrale zu stehen, ist spektakulär und der Perspektivenwechsel einfach toll. Zum Schluss folgt noch der Besuch der Kathedrale an und für sich. Diesen nehmen wir dann mehr oder weniger einfach noch so mit. Ziemlich erledigt, fahren wir retour zur Villa. Siesta… Ausgeruht geht es später nochmals zurück in die Stadt. Shopping und vor allem etwas zu Essen stehen auf dem Programm. Damit geht unser Besuch von Santiago de Compostela auch bereits zu Ende. Eindrücklich wars!
Der Aufreger des Tages folgt dann noch am Abend spät. Die Mädels schminken sich mit dem neu erstandenen Nagellackentferner ab… natürlich nicht absichtlich, sie dachten, sie hätten Make-up-Entferner gekauft. Mal schauen, ob es morgen trotzdem noch ein paar hübsche Fotos von den beiden gibt…
Las Medusas und eine unerwartete Osterprozession
Glück gehabt, die hübschen Gesichter sind immer noch hübsch. Nach drei Nächten am gleichen Ort packen wir alles wieder in unsere Koffer. Im Landesinnern fahren wir wieder in die anderen Richtung; in Richtung Osten. Unterwegs machen wir einen Stopp in Las Medusas (Weltkulturerbe). Die Landschaft mit den tiefroten Felsen gefällt und ist sehr fotogen. Die Römer haben hier Gold für ihr Reich schürfen lassen. Übrig geblieben ist die besondere Landschaft mit den roten, unbewachsenen Felsen. Für eine Wanderung fehlt die Motivation sowie die Ausrüstung und zum Glück auch die Zeit. So ist rasch entschieden, dass uns eine kurze selbst geführte Tour durch einen alten Minenkanal für heute reicht.
In Leon beziehen wir direkt in der Altstadt unser Nachtlager. Die Dame an der Reception erzählt irgendetwas von einer Osterprozession, die heute um acht Uhr gleich auf dem Platz neben dem Hotel beginnen soll. Wir nehmen die Info dankend zur Kenntnis und haben keinen grossen Plan was das bedeutet. Spazierend geht es nun erstmals durch die Altstadt zur Kathedrale. Die Stadt ist voll mit Apero trinkenden Menschen. Als wir zum Einkehren ready sind, verschwinden auf einmal wie von Zauberhand alle Tische und Stühle vor den Bars. Ein erstes Mal dämmert uns, dass diese Prozession eine grössere Sachen werden könnte. Wir gehen zurück zum Platz beim Hotel und staunen nicht schlecht, als wir all die Menschen sehen, die sich dort versammelt haben. Auch hier sind freie Plätze in einer Bar, die auch draussen noch etwas serviert natürlich Fehlanzeige. Da unser Fenster im Hotelzimmer direkt auf den Platz geht, beschliessen wir, dem Treiben von oben zuzuschauen. Pünktlich um zwanzig Uhr fangen alle Glocken der Stadt an wie wild zu bimmeln. Dies ist der Startschuss für den Umzug, welcher nur ein paar Meter vor unserem Hotel beginnt und direkt an unserem Fenster vorbei führt. Von zwei Musikgruppen (vergleichbar mit einer Gugge bei uns, aber mit weniger fröhlicher Musik und ohne Fasnachtskostüme dafür in Uniformen) begleitet, laufen diverse nachdenklich wirkende Vertreter der katholischen Kirche am Umzug mit. Ganz besonders crazy, ist ein riesiges Podest mit Skulpturen von Maria und Jesus und einem riesigen Kreuz darauf. Dieses scheinbar sehr schwere Podest ist der wichtigste Bestandteil des Umzuges und muss von ganz vielen Männern getragen werden. Die Frauen dürfen in schwarzen Kleidern, die sie aussehen lassen wie Witwen, netterweise auch mitlaufen. Nach ungefähr zehn Minuten ist der Spuk vorbei – denken wir. Wir machen uns für das Znacht in der Altstadt parat. Leider hat aber der halbe Umzug in der Zwischenzeit wieder kehrt um gemacht und blockiert nun quasi den Hoteleingang. An ein Durchkommen ist nicht zu denken.
Da es nun auch noch angefangen hat zu regnen und es bereits wieder nach neun Uhr ist – in Spanien ja eigentlich die perfekte Znacht-Zeit, für uns aber langsam aber sicher höchste Znacht-Zeit – beschliessen wir es bei einer Nudelsuppe im Hotel zu belassen. Schade, mindestens ich hatte mich geistig auf Tapas eingestellt. Statt kulinarisches einheimisches gibt es somit heute Abend „nur“ kulturelles einheimisches. Die „Santa Semana“ und damit die Osterfeierlichkeiten haben damit offiziell begonnen.
Atapuerca und Burgos
Es ist nass, grau und kalt. Wie angekündigt hat das Wetter umgeschlagen. Die gute Nachricht: heute schlagen wir über die Stränge und schauen uns zwei Unesco Welterbestätten an. Nach zwei Stunden auf der Autobahn erreichen wir die Sierra de Atapuerca. 1901 sollte hier eine Eisenbahnstrecke gebaut werden. Dazu mussten auch Schneisen in die Landschaft geschlagen werden. In einer dieser Schneisen stiessen die Bauarbeiter auf Höhlen und in diesen Höhlen wiederum wurden Fossilien der frühesten Vorfahren der heutigen Menschen Europas gefunden. Die Skelette sind zwischen 780´000 und 120´000 Jahre alt. Wir schauen uns in einer Gruppe die Ausgrabungsstätte an. Tönt interessant, ist es aber nur bedingt. Erstens sieht man nicht viel und zweitens verstehen wir kein Wort von der spanischen Führung. Unser spanisch reicht mehr oder weniger für den Alltag, aber definitiv nicht für eine archeologische Führung :-). In Burgos gibt es dann wieder einmal etwas richtiges in den Magen. Im Taco Bell lassen wir es uns gut gehen. Unser Hotel ist einmal mehr ein Glücksgriff. Etwas kostspieliger als auch schon, aber aufgrund der Lage jeden Rappen wert. Es liegt nämlich Tür an Tür zur wunderschönen Kathedrale (Weltkulturerbe). Direkt vom Zimmer haben wir einen super Blick.
Fairerweise müssen wir aber auch erwähnen, dass wir bald eine Kathedralen-Überdosis haben und wir diesbezüglich nicht mehr ganz so motiviert wie auch schon sind. Natürlich schauen wir uns das Bauwerk trotzdem auch von innen an. Das Städtchen ist auch sonst sehr schmuck. Aufgeräumt, sauber, lebendig, verkehrsfrei, überall Bars, Cafes, Shops, usw. Bezüglich Nachtessen sind wir lernfähig. Wir rücken nicht mehr allzu früh aus, sind aber immer noch ein paar Minuten früher unterwegs als die Einheimischen und finden so auch ohne Reservation einen Platz. Heute zur Abwechslung in einem Sushi-Restaurant. Jammie… Auch in Burgos gibt es am Abend eine Osterprozession. Weit nach zehn Uhr können wir die Musik im Zimmer hören. Wir bleiben im Bett liegen und verzichten heute auf eine erneute Teilnahme an der Osterprozession.
Tapas und Rioja!
Das Wetter ist immer noch regnerisch. Auf der Fahrt zu den Klöster Yuso und Suso (beide Kulturerbe) kommen uns ganz viele Pilger entgegen – heute mit Regenschutz ausgerüstet. Sie alle sind auf dem berühmtesten der Pilgerwege, dem Camino Frances, unterwegs. Teilweise hat das Ganze etwas von einer Völkerwanderung. Und trotzdem sind wir nach wie vor fasziniert. Die neuste (Furz-)Idee für die mittlere Zukunft: zur Pensionierung nehmen Odi und ich einen der Pilgerwege unter die Füsse und die Mädels nehmen uns am Ziel in Santiago de Compostela in Empfang. Schauen wir mal… 🙂 Bereits zu Hause haben wir erfahren, dass eines der beiden Klöster kurzfristig wegen Renovation geschlossen wird. Erst haben wir uns ein bisschen darüber geärgert. Aber nach dem ersten Kloster sind wir nun fast ein wenig froh darüber. Wiederum ist nämlich alles nur mit einer auf spanisch durchgeführten Tour begehbar. Vor allem die Kids finden dies langsam aber sicher ziemlich anstrengend, da sie ja noch weniger als wir verstehen und Klosterbesuche auch an und für sich nicht gerade zu ihren Lieblingsbeschäftigungen gehören. Da es auch noch in strömen regnet, fällt ebenfalls das Verweilen rund um die Bauwerke buchstäblich ins Wasser. Wir sitzen deshalb bald wieder im Auto und fahren weiter nach Logrono. Den Nami verbringen wir in der Ferienwohnung. Wir nutzen die letzte Waschmaschine der Reise, machen eine ausführlichere Runde Franz-Voci und chillen, um es in den Worten der Kids zu sagen, ein bisschen herum. Das Kaff selber scheint ziemlich untouristisch. Im Lonely Planet wird es trotzdem erwähnt; wegen der herausragenden Tapas-Szene. Und wegen des Rioja. Logrono ist die Rioja-Hauptstadt und umgeben von zahlreichen Weinanbaugebieten. Bevor es aber Zeit für Tapas und Wein ist, schlendern wir mit den Einheimischen durch die Fussgänger-Zone. Die Mädels gehen ein letztes Mal in den Ale-Hop. Ein gewisser Trennungsschmerz macht sich bemerkbar. Dann ist es endlich Zeit für die Tapas-Strasse(n). Gemäss Recherchen soll es hier auf 80 Meter 300 Bars geben. Und das gleich zwei Mal, weil es zwei dieser Strassen gibt. Wir haben gelesen, dass man unbedingt mehrmals einkehren muss. Denn jede Bar hat ihre eigenen Leckereien. Wir schaffen drei Besuche. Das Prozedere ist immer gleich: Tapas, Wein, Cola bestellen und geniessen. Beim Wein verlassen wir uns immer blind auf die Empfehlung des Hauses. Die Tapas suchen wir dem Auge folgend selber aus. Vor allem ich bin im Himmel!
Regen in den Pyrenäen
Unsere Planung wäre einmal mehr optimal: wir fahren direkt zum National Park rund um den Monte Perdido (Weltnaturerbe) und machen eine rund zwei stündige Wanderung. Soweit die Theorie. Leider macht uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung – mindestens einigen der Familie, aber dazu später mehr. Es schifft in strömen! Wir halten trotzdem beim Besucherzentrum und erhalten die gewünschte Wanderempfehlung.
Schmunzelnd, dass die Dame uns trotz Wetter voll motiviert die Wanderung empfohlen hat, fahren wir zum Parkplatz weiter hinten im Tal. Hier wird klar, warum die Dame so motiviert war. Der Parkplatz ist voll – und er ist riesig! Es scheint, als ob sich die Spanier nichts aus schlechtem Wetter machen und trotz notabene strömendem Regen wandern gehen. Na dann, müssen wohl auch wir wenigstens so tun, als ob uns das Wetter egal ist. Zugegebenermassen sind wir nicht richtig ausgerüstet für dieses Hundewetter. Ich bin dann auch die Erste die nach wenigen Minuten kehrt um macht und wieder zum Auto geht. Der Regen ist das eine, der matschige Wanderweg das andere Übel. Die drei anderen laufen tapfer noch ein paar Minuten weiter, kommen dann aber recht bald auch wieder zum Parkplatz. Schade Marmelade, so haben wir uns das logischerweise nicht vorgestellt. Aber immerhin: es regnet nur und schneit nicht auch noch… ein paar Höhenmeter weiter oben ist es nämlich weiss. Nach einem Apero im Hotel beschliesst Odi es doch nochmals zu versuchen. Wir Mädels bleiben am Trockenen resp. werden in der Badewanne kontrolliert nass. Odi zieht seinen Plan durch. Fast zwei Stunden ist er unterwegs. Teilweise im strömenden Regen. Unnötig zu erwähnen, was er danach war: nass, nässer, pflotschnass!
Valle de Boi
Es regnet immer noch. Und leider regnet es auch im Valle de Boi, unserem nächsten Ziel. Es scheint fast, als ob die Regenwolke über unserem Auto mitwandert. Immer wenn wir nämlich das Auto verlassen, fängt es an, wie aus Kübeln zu schütten. Im Valle de Boi gibt es zahlreiche kleine Kirchen, die aus dem 11ten und 12ten Jahrhundert stammen. Alle haben ihre Eigenheit und als Gesamtes zählen sie zum Unesco Weltkulturerbe. Wir schauen die fünf schönsten Exemplare an.
Das Wetter ist weiterhin garstig. Inzwischen sind wir aber glücklich, dass es nicht schneit. Unsere App meldet nämlich Schnee. Nichts desto trotz gefällt es uns in den kleinen Dörfern mit den Steinhäusern. Das Ganze hat seinen eigenen Charme. Gefallen tut uns auch das Essen im Hotel. Wir lassen uns zum Zmittag und zum Znacht mit einheimischen Spezialitäten verwöhnen.
Andorra!
Heute verlassen wir Spanien und fahren nach Andorra. Ein spezielles Highlight unserer Reise, da dieses Land für uns Neuland ist. Das Wetter ist trocken und immer wieder sendet sogar die Sonne ein paar Strahlen in unsere Richtung. Die Temperaturen sind nach wie vor frostig. Links und rechts der Strasse liegt sogar etwas Schnee. Daran ändert sich auch in Andorra nichts. Wir machen einen Spaziergang hoch oben über der Hauptstadt im Vall Madriu-Perafita-Claror (Weltnaturerbe) und entdecken sogar einen Mini-Schneemann. Danach gehen wir auf Shopping-Tour in Andorra la Vella. Das Land gilt als zollfrei und deshalb als Shoppingparadies. Nun ja, wir fühlen uns eher wie im Duty Free am Flughafen. Und das wäre es dann auch schon, was man hier günstig erstehen kann: Zigaretten, Alkohol, Parfüm. Alles andere finden wir nicht wirklich speziell günstig und wir verfallen entsprechend auch nicht in einen Shoppingrausch. Zum Znacht landen wir einmal mehr in einem Ramen-Laden. Die Girls haben in diesen Ferien Ramen und Udon kennengelernt und lieben es. Uns Eltern freut es immer besonders, wenn die Kiddies wieder etwas neues kennen, essen und schätzen lernen.
Toulouse
Bevor wir das neunt kleinste Land der Welt wieder verlassen, fahren wir in die Höhe. Auf fast 2000 Meter über Meer gibt es eine spezielle Aussichtsplattform, die über den Felsen hinaus ragt und einen Glasboden hat. Eigentlich hätten wir es uns denken können: es haut uns nicht aus den Socken. Ähnliche Plattformen gibt es auch in der Schweiz. Nebenbei ist der Glasboden auch noch mit Schnee bedeckt, womit auch dieser Sondereffekt nichts bringt. Schnee sehen wir auch auf den letzten Kilometern in Andorra immer mehr. Je näher wir zu Frankreich kommen, desto weisser wird es. Wir fahren durch zahlreiche Skigebiete mit einer schier unfassbaren Anzahl an Hotels. Die Pisten sind immer noch präpariert und wir sehen doch einige Wintersportler, die motiviert die Piste runter kurven. Uns ist mehr nach Frühling und Wärme und wir fahren weiter nach Frankreich. In Toulouse werden wir heute die Heimreise unterbrechen. Die französische Stadt ist äusserst charmant und die Altstadt mit seinen zahlreichen autofreien Gassen sehr hübsch. Kaum zu glauben, dass wir in der vier grössten Stadt Frankreichs unterwegs sind. Hier begegnen wir auch noch ein letztes Mal dem Jakobsweg: die Kathedrale gehört zum umfassenden Welterbe des Camino.
Vichy
Am zweitletzten Tag stehen nochmals 1,5 Unesco Welterbe auf dem Programm. Die 1 gehört Chaine des Puys, einer Kette von vulkanischen Bergen, die sich über 30 Kilometer erstreckt und an die hundert erloschene Vulkane beheimatet. Wir fahren mit der Bahn auf 1465 Meter über Meer und damit auf die höchste Erhebung der Vulkankette, den Puy de Dome. Der Spaziergang rund herum dauert 40 Minuten. Die Fernsicht ist gut und wir können einige alten Vulkane sehen. Der Wind lädt nicht zum Verweilen ein und wir fahren nach dem Spaziergang bald wieder runter. Rund eine Autostunde weiter liegt Vichy, die 0.5. Vichy ist Teil des umfassenden Welterbes der europäischen Kurstädte. 12 Quellen entspringen im Stadtgebiet und werden auch heute noch genutzt. Für alles mögliche soll das Wasser mit den unterschiedlichsten Temperaturen und Mineralien helfen. Wir probieren von keinem. Wir haben die Flaschen im Auto vergessen… Hübsch ist es allemal. Noch hübscher wäre es, wenn nicht die Hälfte des Parks um die diversen Bäder herum eine riesige Baustelle wäre.
Zum Znacht fahren wir in einen Vorort. Wir geniessen unser letztes Znacht dort, wo wir am ersten Abend auch eingekehrt sind: im Buffalo Grill. Fun Fact: die Kette ist das beliebteste Restaurant der Franzosen. Mindestens ist dies so auf Wikipedia zu lesen.
Damit endet unser diesjähriger Road Trip in Europa. Morgen geht es in einem Schuss zurück nach Bern. Spanien hat uns alle überzeugt. Wir werden bald wieder kommen und haben bereits zwei mögliche Routen im Kopf. In diesem Sinne: Hasta luego y gracias!